Was passiert eigentlich, nachdem die Jugendlichen den Projekttag in der JVA verbracht haben?
Sie treffen sich gemeinsam mit ihren Betreuern und Volkert Ruhe, um den Tag, Eindrücke und Gefühle zu reflektieren und sich näher damit auseinanderzusetzen.
Nach jedem JVA Besuch steht eine Nachbereitung an, die dieses Mal unsere ehrenamtliche Mitarbeiterin Alina begleitet hat. Was dabei u.a. thematisiert wurde und wie sie dieses Treffen erlebt hat, können Sie im Folgenden in ihrem Erfahrungsbericht nachlesen.
Am 26.10.2016 fand das Nachbereitungstreffen des „Santa-Fu“-Besuchs statt. Elf Jugendliche sowie ihre drei Betreuerinnen versammelten sich gemeinsam mit Volkert Ruhe in den GhJ-Räumlichkeiten.
Leider ist es nicht die Regel, dass alle Jugendlichen nach dem JVA-Besuch noch einmal den Weg zu GhJ finden, um die Eindrücke aus dem kurzen Gefängnisaufenthalt im Nachbereitungstreffen in der Runde gemeinsam zu besprechen. Umso erfreulicher war es, dass dieses Mal alle Jungs noch einmal zusammenkamen.
Nach der Begrüßung wurden die Jugendlichen aufgefordert, ihre Wünsche für die Zukunft zu schildern. Der Großteil wünschte sich „gute Arbeit“, ein „normales Leben“ und „kein Stress, keine Drogen“. Besonders häufig wurden die „Familie“ sowie die „Freundin und Kind“ genannt, mit denen sie wieder ein gutes Verhältnis aufbauen und für die sie sorgen möchten.
Auf diese beiden Wünsche nahm Volkert Ruhe besonders Bezug. Er berichtete von Gefangenen, die während ihrer Haftzeit vom Tod eines Familienmitgliedes erfahren mussten. Er stellte die Jungs gedanklich vor die Entscheidung, vor der auch Gefangene dann stehen – ob sie im Falle einer Inhaftierung und eines Todesfalls in der Familie in Hand- und Fußfesseln sowie zusätzlicher Sicherheitsbegleitung am Grab der eigenen Mutter stehen wollten.
Volkert Ruhe machte damit deutlich, dass die Jugendlichen nicht nur ihre eigenen Zukunftswünsche durch weitere Straftaten und daraus folgenden Gefängnisstrafen kaputt machen würden. Sie würden ihrer Mutter, anderen Familienmitgliedern, der Freundin oder dem eigenen Kind Leid zufügen. Einige Jugendliche reagierten darauf nachdenklich und äußerten, dass sie ihrer Mutter oder der Freundin einen Gefängnisbesuch oder die Situation den Eltern, die letzte Ehre als Inhaftierter erweisen zu müssen, ersparen wollen.
Von Volkert Ruhe wurde die Frage in den Raum gestellt, mit wem die Jugendlichen in ihrem privaten Umfeld über den vergangenen JVA-Besuch gesprochen hatten. Mit Bekannten und Freunden, mit der Freundin, mit den Geschwistern und der Mutter waren die Antworten.
Die Frage, wie Familienmitglieder und Bekannte auf die dort erfahrenen Eindrücke reagierten, ließ die Jungs dazu verleiten, weitere Erlebnisse aus ihrem familiären Umfeld in der Gruppe zu berichten. Einige Jungs hatten den Mut, ihre Taten vor dem Hintergrund ihrer familiären Geschichte offen in der Gruppe zu reflektieren. Besonders während dieser Momente war eine respektvolle Haltung der Jugendlichen untereinander sehr zu spüren. Die Jugendlichen formulierten ihre Wünsche für die Zukunft und einige nahmen dabei auf sehr emotionale und eindrucksvolle Weise Bezug auf ihre bisherige Biografie. Dieser Mut zur Offenheit, emotionale und bedrückende Lebensereignisse preiszugeben, war eine große Bereicherung für die ganze Gruppe, insbesondere für das Bewusstwerden darüber, aus welchen Beweggründen eine kriminelle Laufbahn eingeschlagen wurde.
Es zeigte sich erneut, wie wichtig es ist, jeden Menschen mit seiner Geschichte und den daraus resultierenden Bedürfnissen zu hören, um seine Handlungen und Taten besser nachvollziehen zu können. Ein Gespräch in einem aufgeschlossenen, respektvollen Rahmen, das Aufzeigen der Realität im Gefängnis und insbesondere das Bewusstmachen der daraus folgenden vielschichtigen Konsequenzen für die Jugendlichen, bieten einen ersten Schritt in Richtung eines zukünftigen straffreien Lebensweges.